Dienstag, 20. Juli 2010

Burgunder aus dem Tetrapack


«Auf den Inhalt kommt es an, nicht auf das Medium», schreibt ein anonymer Kommentator im Kommentarfeld dieses Blogs. Und er fügte dieser Platitüde eine weitere hinzu: «Es gibt Zeitungen, die arbeiten genau und seriös. Andere nicht. Bei Blogs ist das genau so.»

Wirklich? Ich glaube, es ist Zeit, dass wir aufhören, auf eine so oberflächliche Weise über Medien zu diskutieren. Es kommt nur auf den Inhalt an, nicht auf das Gefäss: Bei einem guten Burgunder würde niemand auf die Idee kommen, so etwas zu behaupten. Den Burgunder wollen wir aus einer Glasflasche trinken, nicht aus einem Tetrapack und auch nicht aus einer Petflasche. Nur bei den Medien darf man ungestraft sagen, es komme nur auf den Inhalt an, nicht auf das Gefäss. Denn es sind ja schliesslich nur Buchstaben, gell?

Der deutsche Medienwissenschaftler Norbert Bolz begnügt sich nicht mit Oberflächlichkeiten. Er denkt einen Zacken weiter. In einem Interview mit der Zeitschrift Focus sagte er (online nicht zugänglich):

«Nur bei Printmedien sind Reflektiertheit, Distanziertheit und guter Wille zum Stil durch das Medium gesetzt.»


Gemeint ist: Bei internetbasierten Medien, Blogs, Online-News-Seiten und Apps aller Art behindern die Produktionsbedingungen den Willen zur Reflektion und zum Stil.

Nicht dass ich mit allem einverstanden wäre, was Bolz so rauslässt. Aber wo er recht hat, hat er recht. Dass das Medium den Inhalt und die Wahrnehmung beeinflusst, hat schon Marshall McLuhan vor einem halben Jahrhundert gezeigt: The medium is the message. Leider droht dieser Aspekt immer wieder in Vergessenheit zu geraten, wenn über Medien diskutiert wird.