Freitag, 27. August 2010

Ein kluger Arzt redet Klartext

Immer wieder stimmen die Apostel des Internets das Loblied der grenzenlosen Information an. Sie sei für alle rund um die Uhr gratis verfügbar – dank des Internets. So jubelte ein gewisser «David» im Kommentarfeld des Medienspiegel:

«Das Internet hat mir eine Welt geöffnet, die mir vor 20 Jahren verschlossen geblieben wäre. Ich lese die interessantesten Artikel... ich verpasse die besten Sendungen nicht... ich kann mich dann in ein Thema vertiefen, wenn es mir unter den Nägeln brennt... ich finde Thesen und Meinungen, die nie in der Zeitung stehen würden.»

Zum Glück gibt es auch besonnene Stimmen. Auf kluge Art hat sich der Ostschweizer Arzt Etzel Gysling geäussert – in seinem Fachblatt pharma-kritik. Weil dieses Blatt eine relativ kleine Leserschaft hat, weil Etzel Gyslings Gedanken es wert sind, ein breiteres Publikum zu finden, und weil er Themen anschneidet, die die Internet-Apostel nur zu gerne gerne ausser Acht lassen, fasse ich die wichtigsten Gedanken zusammen. Was Gysling über sein Spezialthema – Arzneimittelinformation im Internet – sagt, gilt sinngemäss auch für alle anderen Themen.

(Un)abhängigkeit
«Das Ideal einer vollständigen Unabhängigkeit von Sponsoren ist verhältnismässig selten gegeben. Finanzielle Unterstützung (und Beeinflussung) seitens der Pharmaindustrie ist offensichtlich das grösste Handicap einer Informationsquelle. Man muss sich jedoch bewusst sein, dass auch andere Sponsoren – Behörden, Berufsverbände, Versicherungen – nicht selten Einfluss nehmen auf das Informationsangebot.»

Aktualität
«Informationsquellen, die wirklich up to date sind, finden sich auch im Zeitalter des Internets nicht in besonders grosser Zahl. Auch leistungsfähige Suchmaschinen wie Google führen uns häufig zu Adressen, an denen nur veraltete oder überholte Aussagen publiziert sind.»

Kostenpflicht
«In der Regel darf bei kostenpflichtigen Angeboten eher mit einer adäquaten Aktualisierung gerechnet werden... Zu den Kosten lässt sich etwas verallgemeinert sagen, dass oft nicht viel taugt, was nichts kostet.»

Anwendung
«Was den Anwendungs-Komfort anbelangt, darf man sich keiner Illusion hingeben. Ohne einen gewissen Aufwand seitens der Anwenderinnen und Anwender bringt auch die beste Adresse keine guten Resultate. Es liegt nicht in erster Linie am Internetzugang (der heute meistens ganz problemlos funktioniert), sondern vielmehr daran, dass man am richtigen Ort die richtigen Fragen stellt. Mit anderen Worten: Man muss sich erstens im Klaren sein, wo überhaupt vernünftige Chancen bestehen, dass man die gewünschte Information findet. Um dann die Informationsquelle optimal zu nutzen, ist es zweitens unerlässlich, dass man mit dem vorhandenen Angebot vertraut ist und auch eine gute Suchtechnik verwendet. Schliesslich ist auch daran zu denken, dass man oft in englischer Sprache suchen muss.»

Fazit: Der Arzt Etzel Gysling wägt in seinem Text sachlich die Vorteile und die Nachteile der Informationsflut im Internet ab. Er sagt auch, wie und wo zuverlässige Informationen auffindbar sind. Der Aufwand, um an diese Informationen heranzukommen, ist aber, wie Gysling zeigt, so gross, dass nur überdurchschnittlich gebildete (Fach-)Leute ihn betreiben können. Der grösste Teil der Menschen ist schlicht überfordert, wenn es darum geht, im Internet die Spreu vom Weizen zu trennen und verlässliche Informationen zu finden. Deshalb ist für die meisten Menschen das Internet keineswegs ein Ersatz für professionell aufbereitete Informationen, wie sie die traditionellen Medien anbieten.

Mittwoch, 11. August 2010

Megablöd


Die Gefühlskonserve ist das Blog des Münchner Kulturtäters Deef Pirmasens. Verglichen mit der Gefühlskonserve sehen die meisten Schweizer Blogs ziemlich alt aus. Deef Pirmasens ist der Blogger, der Helene Hegemanns Plagiat aufgedeckt hat. Von einem solchen Scoop können die Schweizer Blogger nur träumen.

Der Running Gag der Gefühlskonserve sind Fotos von Coiffeursalons mit birnenweichen Namen. Diese Rubrik gefällt mir ausgezeichnet. Deshalb ist es mir eine besondere Ehre, zu beweisen, dass die Schweizer Coiffeure ihren deutschen Kollegen in nichts nachstehen, wenn es gilt, schwachsinnige Namen für ihren Salon zu erfinden. Zwecks Beweisführung kupfere ich Deefs Rubrik ganz einfach ab, oder besser gesagt, ich helvetisiere sie.

Den Anfang macht das Foto eines Zürcher Coiffeursalons mit einem megablöden Namen. Hier zeigt sich archetypisch der Mechanismus, der zu birnenweichen Coiffeursalonnamen führt: Der Name darf mit dem Gewerbe möglichst wenig zu tun haben. Gut ja, der Fön ist ein Werkzeug des Coiffeurs. Aber das Megafon ist es wirklich nicht.

Foto: Bobby California