Dienstag, 23. Februar 2010

Schweizer Blogs und deutsche Blogs

Ich bin kein Freund von Bestenlisten. Besonders überflüssig finde ich es, wenn die «Journalisten des Jahres» gekürt werden, eine Spezialität der Zeitschrift «Schweizer Journalist», bei der es regelmässig zu Peinlichkeiten kommt wie der Wahl von Christoph Mörgeli zum «Kolumnisten des Jahres».

Die Wahl zum «Journalisten des Jahres 2009» des deutschen Medium Magazin (Schwesterpublikation des «Schweizer Journalist») ist genauso überflüssig, aber in einem Punkt ist die Liste interessant. Unter den ausgezeichneten Journalisten finden sich nämlich drei Blogger:
- Markus Beckedahl von «Netzpolitik»: Nr. 8 in der Kategorie «Politik»;
- Marcus Anhäuser von «Plazeboalarm»: Nr. 6 in der Kategorie «Wissenschaft»;
- Hockeystick und Strappato von «Stationäre Aufnahme»: Nr. 8 in der Kategorie «Wissenschaft».

In der Begründung steht beim Blog «Stationäre Aufnahme»: «...weil sie immer wieder Skandale und Ungereimtheiten aus der Medizin und Pharmaindustrie aufdecken. So waren sie 2009 massgeblich an der Aufdeckung des Regividerm-Märchens beteiligt...»

Tatsächlich sind deutsche Blogger immer wieder in der Lage, mit aufsehen erregenden Enthüllungen aufzuwarten, das neuste Beispiel ist Deef Pirmasens, der in seinem Blog «Gefühlskonserve» Helene Hegemann's massives Plagiat aufdeckte.

In der Schweiz sind die Blogger weit entfernt davon, jemals in eine Bestenliste der Journalisten einzudringen, geschweige denn, irgendwas halbwegs Interessantes zu enthüllen. Anders als ihre deutschen Kollegen gefallen sich die meisten CH-Blogger darin, den professionellen Medien ein ums andere Mal eins ans Bein zu pinkeln und an Kleinigkeiten rumzumäkeln, bis der Letzte kapiert hat, dass die Blogger es besser wissen und alles ganz anders machen würden, wenn man sie nur liesse.

Jeden Tag könnte man eine CH-Blogschau durchführen, und man käme immer zum gleichen Resultat: Schweizer Blogs wären zum Umfallen komisch, wenn sie nicht zum Einschlafen langweilig wären.

Zum Beispiel der Bugsierer schreibt am 20. Februar: «in vancouver scheint es keinen (ausser mir) zu stören, dass einem filmteam das filmen auf einer öffentlichen strasse verboten wird. ich dachte noch: da wird dann die presse am andern tag mal genauer hinschauen. denkste, kein wort...» Big deal, Bugsierer. Natürlich ist die kanadische Zensur störend, aber bei dieser Olympiade ist soviel störend, dass man gar nicht weiss, wo man anfangen soll, sich zu stören, und noch mehr stört mich, dass der Bugsierer kein Post schreiben kann ohne seinen besserwisserischen Unterton.

Oder das von einem eigensinnigen Thurgauer Unternehmer finanzierte Blog Rebell Teevau schreibt heute: «verstanden zu werden ist eine beleidigung», ebenfalls in ach-so-moderner Kleinschreibung. Immerhin hat da einer das Talent, das Wesentliche in einen knappen Satz zu verpacken. Denn soviel ist wahr: Verstanden habe ich noch nie, was Rebell Teevau mir eigentlich sagen will. Offenbar ist das auch gar nicht das Ziel, wie ich dem Beitrag entnehme.

Oder dann Ronnie Grob, der zum x-ten Mal unbedarfte Stammtischparolen verbreitet: «Es wird zu oft vergessen: Staatsgelder sind immer Steuergelder, also Zwangsabgaben, die all jenen, die durch eine Wirtschaftsleistung Geld erwirtschaften, weggenommen wird (sic).»

Amigos – so wird das nix! Mit euren Schlafmützenblogs kommt ihr nie in die Rangliste des «Schweizer Journalisten».