«Exile on Main Street» ist eines der besten Rock-Alben. Und es ist, as far as I'm concerned, das beste Album der Rolling Stones. Es enthält keine Hits à la «Brown Sugar» oder «Honky Tonk Women», aber vier Plattenseiten mit unverdünnter Leidenschaft, kompromisslos auf den Punkt gebrachte Musik, brillant gespielt, kurz: «a really soulful record» (Don Was). Der neue Film «Stones in Exile» verspricht, die Entstehungsgeschichte des Albums zu erzählen, das die Stones im Sommer 1971 in einer Villa in der Nähe von Nice aufnahmen, die die Gestapo dreissig Jahre vorher als südfranzösisches Hauptquartier benützt haben soll.
Das gibt's doch nicht, dachte ich, als ich den Film zum ersten Mal sah. Noch und noch kommen in «Stones in Exile» Beteiligte und Zaungäste zu Wort, und alle zeichnen das Bild einer Band, die eine gute Zeit in Südfrankreich verbrachte: «Highlife, wonderful» sei es gewesen, sagt Mick Taylor, eine «unglaublich kreative Periode». «It was pretty cool», meint Producer Andy Johns. Die Stones seien «ganz entspannt» miteinander abgehängt, erzählt Bill Wyman.
Bevor ich mir den Film reinpfiff, hatte ich ein Buch gelesen, das eine ganz andere Geschichte erzählt: «Exile on Main Street – A Season in Hell with the Rolling Stones» des amerikanischen Schreibers Robert Greenfield. Das 2006 erschienene Buch liest sich wie eine Abfolge von Autounfällen, Schlägereien, Drogengeschichten, Promiskuität und Intrigen. Das reine Chaos, eine monatelange Katastrophe. Wenn man Robert Greenfields Worte für bare Münze nimmt, waren die Stones eher eine Bande von gestörten Kriminellen als eine geniale Rockband. Der Film «Stones in Exile» verliert kein Wort über die Autounfälle, Promiskuität und Intrigen. Nun, der Film war koproduziert von Mick, Keith and Charlie.
Wer erzählt die wahre Geschichte? Der Film «Stones in Exile» oder Robert Greenfield? War der Sommer, den die Stones in Südfrankreich verbrachten, eine entspannte, kreative Zeit oder eine Saison in der Hölle?
Keine Ahnung. Und ehrlich gesagt, ist es mir egal. Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo dazwischen. Und bei einer Band, die sich schon immer meisterhaft in Szene zu setzen wusste, ist es nicht so interessant, zwischen Wahrheit und Fiktion zu trennen.
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